Seit September 2008 gilt der neue Auskunftsanspruch der Urheber gegenüber Providern nach § 101 UrhG. Wie wir schon in unserem Topthema berichtet hatten, ermöglicht dieser bereits die Herausgabe der IP-Adresse auf zivilrechtlichem Wege, statt über eine Strafanzeige. Doch stellt die Bewertung des hierfür notwendigen „gewerblichen Ausmaßes“ ein Problem dar. Wo liegt beim Filesharing nun die Schwelle? Bei einer Datei oder erst bei zweihundert? Das überließ der Gesetzgeber den Gerichten.

So urteilte bereits das LG Köln (Beschluss vom 02.09.2008 – Az.: 28 AR 4/0, dass ein gewerbliches Ausmaß bereits dann zu bejahen wäre, wenn eine umfangreiche Datei unmittelbar nach Veröffentlichung des Tonträgers in Deutschland öffentlich zugänglich gemacht wurde. Ein einziges getauschtes Musikalbum würde hiernach schon ein gewerbliches Ausmaß begründen.

Völlig gegenteilig entschied nun das LG Frankenthal. Die Klägerin, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an einem Computerspiel, verlangte, in dem von den Landesrichtern zu entscheidenden Fall, dass der Beklagte, ein bekannter Provider, die Daten mehrerer Tauschbörsennutzer herausgab. Grund hierfür war der rechtswidrige Tausch bzw. das Bereithalten eines urheberrechtlich geschützten Computerspiels über eine Tauschbörse. Die Klägerin war der Ansicht, dass ihr ein Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegnerin aufgrund des seit 1. September 2008 geänderten Auskunftsanspruches aus § 101 UrhG zustehe. Der beklagte Provider beantragte die Klage abzuweisen und begründete dies unter anderem mit dem fehlenden „gewerblichen Ausmaß“.

Zu Recht, entschieden die Richter und machten in ihrem Urteil (Beschluss v. 15.09.2008 - Az.: 6 O 325/0 deutlich, dass die Voraussetzungen des gewerblichen Ausmaßes im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Auskunftsanspruch unklar seien und vom Gesetzgeber nicht näher definiert wurden. Schon deshalb griffen die Richter auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück, der insoweit noch vom einem "geschäftlichen Verkehr" sprach, indem von einer wirtschaftlichen Betätigung die Rede sei, mit der in Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen am Erwerbsleben teilgenommen wird - so die Richter - und sahen deshalb eine Anknüpfung an den handelsrechtlichen Gewerbebegriff.
Für die Richter ließe sich darüber hinaus „aus dem Gesetzgebungsverfahren ein Wille des Gesetzgebers dahingehend, dass bei Zurverfügungstellung bereits einer urheberrechtlich geschützten Datei in Internet-Tauschbörsen das Erfordernis des gewerblichen Ausmaßes der Tätigkeit als gegeben anzusehen sei, nicht entnehmen.“

Als Kriterium für die Annahme des Handelns im gewerblichen Ausmaß, legten die Richter die Anzahl bereitgestellten Dateien unter Berücksichtigung der Art und der Aktualität zugrunde. Demnach sei ein gewerbliches Handeln ab etwa 3.000 Musikstücken oder 200 Filmen anzunehmen. Dies gelte auch für Software. Hier sei es – laut den Richtern – auch nicht ausreichend, wenn es sich um eine relativ neue Software handele, deren wert im vorliegenden Fall, jedoch gerade einmal 25€ betrug. Auf einen besonders schweren urheberrechtlichen Verstoß, der auf ein gewerbliches Handeln hindeute, könne hierbei nicht geschlossen werden. Wann dies für Software anzunehmen sei, sagten die Richter indes nicht.

Fazit:
Das, was viele im Vorfeld bereits befürchtet hatten, ist eingetreten, nämlich unterschiedliche Auslegungen des „gewerblichen Ausmaßes“ des § 101 UrhG. So stehen sich schon nach gut 3 Wochen zwei völlig gegensätzliche Entscheidungen gegenüber. Ein BGH-Urteil wird deshalb wohl abzuwarten sein, bis endlich Klarheit herrscht.

Autor: Christian Hense
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