Lebensrettern droht Gefängnisstrafe
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Fast fünf Jahre ist es her, seit die Cap Anamur weltweit für Schlagzeilen sorgte. Das deutsche Schiff hatte auf seiner Fahrt im Mittelmeer Flüchtlinge gerettet. Doch niemand wollte die Afrikaner aufnehmen. Der wochenlange Streit von damals hallt noch heute nach - denn der ehemalige Cap Anamur-Chef und der Kapitän des Schiffes müssen sich in Italien noch immer vor Gericht dafür verantworten.
Stefan Schmidt kann sich noch genau an diesen besonderen Tag im Juni 2004 erinnern. Er und seine Besatzung entdeckten am Horizont ein Schlauchboot mit 37 Flüchtlingen: "Als das Boot dann näher kam sahen wir, dass jemand mit einem roten Tuch am Winken war. Sie meinten, sie hätten Angst unterzugehen, ob wir ihnen helfen könnten. Und dann sahen wir auch, dass das Schlauchboot schon Luft verloren hatte und dass der Motor schon qualmte."
Italien verweigert Einlauferlaubnis
Der Kapitän aus Lübeck zögerte nicht lange und nahm die Flüchtlinge auf - nicht ahnend, welche Folgen das für sein Leben haben würde. Schmidt informierte die italienischen Behörden - doch niemand wollte die Afrikaner aufnehmen. Ein tagelanger Streit begann - Italien verweigerte der Cap Anamur die Erlaubnis anzulegen. Dann bekam Stefan Schmidt einen Anruf vom deutschen Botschafter in Rom: "Ich habe gesagt, wir wollen die Leute an Land geben, und dann wollen wir wieder auslaufen. 'Ja', meinte er, 'wir haben kein gutes Verhältnis mit den Italienern, das wird wohl nichts'. Und dann habe ich gesagt: 'Die Leute können doch nicht immer an Bord bleiben, das geht doch nicht’. Und da hat er gelacht und hat gesagt: 'Das müssen sie wohl'."
'Internationaler Notfall'
Die Situation an Bord wurde nach zwei Wochen immer kritischer und unruhiger. Der heute 67-jährige Schmidt stellte den italienischen Behörden ein Ultimatum, da er die Sicherheit an Bord nicht mehr gewährleisten konnte: "Ich bitte den italienischen Staat darum, uns Einlauferlaubnis zu geben bis zwölf Uhr mittags: " 'Wenn nicht mache ich einen internationalen Notfall aus der Sache und laufe trotzdem ein'. Das darf ich nämlich als Kapitän. Wenn Menschen in Gefahr sind, darf ein Kapitän jeden Hafen anlaufen". Die Cap Anamur lief schließlich ein. Italien schob die Flüchtlinge gleich wieder ab - Kapitän Schmidt und Cap Anamur-Chef Elias Bierdl kamen kurzfristig ins Gefängnis.
Vier Jahre Haft gefordert
Zwei Jahre später erhob die italienische Staatsanwaltschaft Anklage - wegen bandenmäßiger Beihilfe zur illegalen Einreise. Gerade forderte der Staatsanwalt vier Jahre Haft und 400.000 Euro Strafe. Grünen Chefin Roth war damals die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung - sie findet das unglaublich: "Ich finde, die Bundesrepublik darf es nicht zulassen, und die Bundesregierung muss sich für deutsche Staatsbürger in Agrigent einsetzen, dass die Entrechtung des Rechts, wie es die Regierung Berlusconi vornehmen will, dadurch noch ein prominentes Beispiel bekommt".
Schmidt und Bierdl fühlen sich von der deutschen Regierung im Stich gelassen. Beide glauben, dass sie aus juristischen Gründen eigentlich nicht verurteilt werden könnten - fürchten aber, dass die italienische Politik dahinter steckt: "Ich weiß jetzt hundertprozentig, dass es eine politische Sache ist. Wenn man bedenkt, dass ein Staat gegen Elias und mich ist und uns ins Gefängnis bringen will und unser eigener Staat nichts tut – dann kann man schon mal schlaflose Nächte haben".
Grünen Chefin Roth fordert, das in der EU festgeschriebe Grundrecht auf Asyl tatsächlich zu gewährleisten. Offenbar, so Roth, will die italienische Regierung dies von vornherein beschneiden und auch noch zwei Unschuldige ins Gefängnis bringen: "Eigentlich müsste man der Besatzung der Cap Anamur - Herrn Schmidt, Herrn Bierdl, einen Preis verleihen - für Menschlichkeit für die Erfüllung humanitärer Verpflichtungen und sie nicht vor ein Gericht zerren für einen Prozess, der jetzt ja schon seit Jahren geht".
Autor: Ilka Steinhausen
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