PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Milchstraße ist kleiner als vermutet



Mr.XaXa
08.06.2008, 14:04
Unsere Milchstraße besitzt nicht, wie bisher gedacht, vier Spiralarme, sondern nur zwei. Dies entdeckten zwei Astronomenteams, als sie Daten des Spitzer-Weltraumteleskops analysierten.

Die elegante Spiralstruktur unserer Galaxis wird demnach vom Scutum-Centaurus-Arm sowie dem Perseus-Arm dominiert. Ausgehend von einem zentralen Balken, der aus einer dichten Anhäufung von Sternen und Gaswolken besteht, umschlingen sie jeweils eine Hälfte der Milchstraße. Diese ist folglich kein reiner Spiralnebel, sondern eine sogenannte Balkenspirale.

Da sich die Erde mitten in der Milchstraße befindet, können die Astronomen nur in die galaktische Scheibe blicken. Anders als bei weit entfernten Sterneninseln, die wir von außen sehen, ist die Struktur der Galaxis daher nur schwer zu bestimmen. Dennoch zeichneten Himmelsforscher bereits 1950 eine erste Karte unseres heimatlichen Sternensystems. Sie beruhte auf Beobachtungen interstellarer Gaswolken im Radiobereich. Dabei fanden sie vier Spiralarme, nämlich den Norma-, Scutum-Centaurus-, Sagittarius- und Perseus-Arm. In den 90er-Jahren enthüllten erste Beobachtungen im infraroten Spektralbereich, dass die Milchstraße einen zentralen Balken besitzt. Anders als Licht kann die Infrarotstrahlung die dichten Staubwolken durchdringen, die sich vor allem im galaktischen Zentrum ballen.

Astronomen kartieren unsere Heimatgalaxis neu

Das Bild unserer Galaxis wurde weiter anschließend revidiert durch Daten, die eine der Arbeitsgruppen um den Astronomen Robert Benjamin von der University of Wisconsin ab 2005 mit dem Spitzer-Weltraumteleskop – es arbeitet im Infraroten – sammelte. Die Forscher kombinierten 800 000 Schnappschüsse, die über 110 Millionen Sterne enthalten, zu einem neuen Mosaik unserer Heimatgalaxis. „Das Teleskop lieferte die Ausgangsbasis, von der aus wir die Struktur der Milchstraße neu bestimmen konnten“, erklärt Benjamin, der seine Forschungsergebnisse soeben auf der Jahrestagung der Amerikanischen Astronomengesellschaft (AAS) vorstellte.

Mit einer speziellen Software berechneten die Forscher die Verteilung der Sterne. Dort, wo sie bislang die Norma- und Perseus-Arme vermutet hatten, fand sich jedoch keine Anhäufung. Stattdessen gibt es in diesen galaktischen Regionen Gaswolken und Gruppen junger Sterne. Im Scutum-Centaurus- und dem Perseus-Arm hingegen ist die Sterndichte sehr hoch, dort stehen Populationen junger und alter Sterne – Letztere sind die sogenannten Roten Riesen – nebeneinander. „Jetzt können wir die Spiralarme und den zentralen Balken aneinander fügen wie Teile eines Puzzles“, freut sich Benjamin, „und erstmals können wir auch die Struktur, Position und Ausdehnung der Arme kartieren.“

Weniger Dunkle Materie als vermutet

Zudem entdeckten Himmelsforscher mittels Beobachtungen im Radiowellenbereich einen neuen, kleinen Spiralarm der Milchstraße, den sie “Far-3-Kiloparsec-Arm“ tauften. Er ist der lang gesuchte Zwilling eines schon vor 50 Jahren entdeckten Spiralarms auf „unserer“ Seite der Milchstraße – dem „Near-3-Kiloparsec-Arm“ – und liegt diesem gegenüber. Unsere Sonne befindet sich im sogenannten Orion-Arm. Das ist ein kleiner Teilarm der Milchstraße, der sich zwischen dem Sagittarius- und Perseusarm erstreckt.

Eine weitere Entdeckung hinsichtlich der Struktur unserer Galaxis gelang einer weiteren Gruppe von Astronomen. Sie konnten zeigen, dass die Masse unserer Sterneninsel nur etwa halb so groß ist wie bisher vermutet. Die neue Massenbestimmung beruht auf Daten einer umfassenden Himmelsdurchmusterung. Dabei wurden die Geschwindigkeiten von Sternen ermittelt, die das Zentrum der Galaxis in ihren Außenbereichen, dem sogenannten Halo, auf weiten Bahnen umlaufen. Daraus können die Forscher errechnen, wie schnell Sterne sich bewegen müssen, um der Anziehungskraft des Milchstraßensystems und seiner Dunklen Materie zu widerstehen. Aus diesen Daten wiederum lässt sich die Masse der Galaxis bestimmen. „Sie besitzt weniger Masse, als wir dachten, insbesondere gibt es viel weniger Dunkle Materie als bisher vermutet“, erläutert die Astronomin Xiang-Xiang Xue vom Nationalen Observatoriums Chinas, die derzeit am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie arbeitet.

Zwei frühere Studien ergaben eine Masse der Galaxis, die zwei Billionen Sonnenmassen entspricht. Die neue Studie erbrachte einen nur halb so großen Wert. Dies hat gewichtige Konsequenzen für unser Verständnis des Milchstraßensystems, von seiner Fähigkeit, kleinere, Begleitgalaxien zu verschlucken und deren Materie in neue Sterne umzuwandeln, bis zur Gravitationswirkung der Dunklen Materie auf die Entwicklung und Dynamik des gesamten Systems. Mit dem neu bestimmten, genaueren Wert der galaktischen Masse sollte sich überdies die Aufteilung der Materie im Halo in „normale“ und „Dunkle“ Materie besser bestimmen lassen.

QUELLE (http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/astronomie/astronomie-milchstrasse-ist-kleiner-als-vermutet_aid_306329.html)