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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 10 Millionen Euro Kirchengelder verschwunden



Mr.XaXa
20.07.2008, 13:31
«Es ist uns klar, dass die Vorgänge von außen gesehen unglaublich sind», bekennt der Präses. Jahrelang wurde der Finanzchef nicht kontrolliert, nun hat die Kirche kein Barvermögen mehr.

Schock bei der evangelisch-reformierten Kirche in Bayern: Ihr Finanzchef soll das gesamte Barvermögen von fast elf Millionen Euro veruntreut haben. Dieser Betrag setze sich aus Kirchensteuergeldern von 8,2 Millionen und aus Zinsen in Höhe von etwa 2,7 Millionen zusammen, sagte ein Kirchensprecher am Freitag. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg beantragte Haftbefehl gegen den 67-jährigen Finanzchef, wie aus Justizkreisen verlautete. Gegen ihn und weitere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus Nürnberg arbeitete seit 1980 ehrenamtlich als Finanzchef für die Kirche. Er soll seit 2004 dubiose Darlehen an Technikunternehmen vergeben haben, bei denen er Anteile hielt oder alleiniger Inhaber war. Empfänger der Millionen waren nach Kirchenangaben die Firma «Technotherm International», die Elektrospeicheröfen vertreibt, und die Firma «Mesa 2000», die im Müllverbrennungsgeschäft tätig ist.

Erfundene Wertpapierdepots

Weitere Gelder soll er an sich selbst und in die Türkei überwiesen haben. Andere Kirchenkonten soll er verpfändet haben. Zur Täuschung der Kirchengremien habe der Finanzchef nicht vorhandene Wertpapierdepots erfunden, Rechnungsprüfungen geschickt umgangen und, als bereits Misstrauen bestand, immer wieder die baldige Rückzahlung zugesichert.

Der Präses der Kirche, Joachim Metten, teilte mit, man habe dem Finanzchef nach über 20 Jahren guter Erfahrung uneingeschränkt vertraut. Zugleich räumte er ein, Kontrollen hätten in zu geringem Maß stattgefunden oder versagt. Der Finanzchef sei Überprüfungen aber auch geschickt ausgewichen. «Es ist uns klar, dass die Vorgänge von außen gesehen unglaublich sind», sagte er.

Das Problem sei erst aufgefallen, als Zahlungen ausblieben. «Ich habe in meinem Amt versäumt, die Haushaltsordnung einzufordern und fühle mich für den Schaden verantwortlich», sagte Metten.

Es sei nicht ausgeschlossen, dass der tatsächliche finanzielle Schaden noch höher sei, sagte Kirchensprecher Rieger. Trotz der hohen Verluste sei die Kirche weiter handlungsfähig. «Wir werden sicherlich so weiterleben können, aber mit Einschnitten», erklärte er. Löhne und Gehälter könnten weiter bezahlt werden, da auch weiterhin Steuergelder eingezogen würden.

Geschäftsidee außer Kontrolle geraten

Der Finanzverwalter sei bis heute der Überzeugung, das zweckentfremdete Geld wieder zurückzahlen zu können, sagte der Kirchensprecher. «Er hat das alles nicht als Vorwurf gesehen.» Der Finanzchef habe über Jahre hinweg gut für die Kirche gewirtschaftet, betonte der Sprecher. Warum der Beschuldigte das Geld schließlich veruntreut habe, sei rätselhaft. «Seine Geschäftsidee muss irgendwann außer Kontrolle geraten sein», erklärte der Kirchensprecher. Das alles sei sehr bitter.

Die Machenschaften des Finanzchefs flogen Ende 2007 während einer internen Rechnungsprüfung auf. Die Kirche habe zunächst versucht, den Fall intern zu klären, und einen Anwalt eingeschaltet. Anfang Juni sei jedoch eine anonyme Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg eingegangen, sagte der Kirchensprecher.

Die Behörde untersucht nach Angaben eines Justizsprechers noch, wofür das Geld verwendet wurde. Auch die Höhe sei noch nicht genau bezifferbar, sagte er. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Finanzchef der Kirche die Hauptverantwortung für die Geldabflüsse trägt. Die evangelisch-reformierte Kirche in Bayern ist ein Zusammenschluss von 14 Gemeinden und hat etwa 10.000 Mitglieder.

QUELLE (http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1095177.html)